Der Vorsitzende Herr Dr. Scherer (CDU/FDP-Gruppe) leitet die Sitzung.
Herr Dienberg gibt eine kurze Zusammenfassung der Bürgerversammlungen. Die Öffentlichkeit sei bei sehr unterschiedlich abgelaufenen Veranstaltungen informiert worden. Es seien die unterschiedlichsten Argumente vorgebracht worden, in Weende und Groß Ellershausen beispielsweise die Nähe zur Bebauung und der Infraschall. Deutliche Zustimmung zu den Windenergieplänen hätte es in Geismar gegeben. Im Ratssaal sei eine Zusammenfassung erfolgt.
Aus seiner Sicht wäre es nun an der Zeit, dass der Teilflächennutzungsplan jetzt „auf die Reise gebracht werde“.
Herr Dr. Scherer möchte trotzdem weitere Informationen sammeln und heute noch keinen Beschluss fassen. Grundsätzlich halte er es für nicht tragbar, dass ein Beschluss in einer Sitzung aufgestellt werden soll, in der gerade erst die Informationen vorgestellt wurden. Er benötige in solchen Fällen Bedenkzeit und würde sich auch gerne mit seiner Fraktion besprechen.
Die stellvertretende Vorsitzende Frau Reuter (Bündnis90/Die Grünen) teilt mit, dass sie dem Beschluss heute zustimmen wolle.
Es erfolgt eine kurze Abstimmung, ob ein Beschluss gefasst werden soll.
Ergebnis: kein Beschluss: 3 Stimmen, Beschluss: 4 Stimmen
Anschließend folgt der Bericht „Prüfung der Umweltaspekte“. Es handele sich um zwei Genehmigungsebenen, dem Flächennutzungsplan und der Genehmigung nach BImSchG. Das Untersuchungsgebiet seien die elf Flächen im Stadtgebiet Göttingen. Schwerpunkt des Umweltberichts zum Flächennutzungsplan sei die Prüfung grundsätzlicher Eignung von Teilflächen.
K.o.-Kriterien ergäben sich nach dem BNatSchG § 44 Abs. 1 (1) und Abs. 1 (2).
§ 44 Abs. 1 (1) beschreibt das Tötungs- und Verletzungsverbot wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten. Maßstab ist allein die Gefährdung des einzelnen Individuums (z. B. Fledermaus). Zu beachten sind hier auch Brutstandorte in der Nähe, stark frequentierte Nahrungsräume sowie traditionelle Flugrouten.
§ 44 Abs. 1 (2) befasst sich mit dem Störungsverbot streng geschützter Arten und europäischer Vogelarten (z. B. Fledermäuse und Greifvögel).
Für die Untersuchungsbasis seien Daten aus Baden-Württemberg eine gute Grundlage. Außerdem hilfreich seien Aussagen des Niedersächsischen Landkreistages sowie das Rotmilan-Gutachten. Ein Leitfaden in Niedersachsen existiere hingegen nicht.
Prüfumfang des Flächennutzungsplans seien einerseits der besondere Schutzbedarf der Umweltgüter (dazu gehört auch der Mensch) sowie andererseits der besondere Schutzbedarf von z. B. Rotmilan, Wanderfalke und Fledermäusen.
Prüfumfang des LBP (Landschaftspflegerischer Begleitplan) (BImSchG-Verfahren):
- Biotoptypenkartierung
- Brutvogeluntersuchungen (mindestens 1000 m bzw. 10fache Anlagenhöhe)
- Rast-/Zugvogeluntersuchungen
- Gondelmonitoring Fledermäuse (Aufnahmegeräte, die Fledermausaktivitäten aufzeichnen)
==> Abschaltvorgaben für den Betreiber; ca. 3% – 5% Ertragsverlust
- Landschaftsbildanalyse
- Nachweis über Einhalten von Immissionsgrenzwerten (Lärm, Infraschall)
Bei Messungen in 150 m Nabenhöhe befand sich in 250 m Entfernung der Infraschall deutlich unter dem wahrnehmbaren Bereich.
- Schlagschatten (Nachweis über Einhalten von Grenzen der Schlagschattenbelastung)
- Eingriffsregelung
Es existiere ein neues Bundesverwaltungsgerichts-Urteil bzgl. harter und weicher Kriterien.
Artenschutz per se sei kein hartes Kriterium.
Es folgt eine Diskussion über das nichtvorhandene Schreiben von Herrn Breuer.
Herr Dr. Scherer möchte ohne Kenntnis des Briefes keinerlei Beschlüsse fassen, auch nicht, nachdem ihm versichert wurde, dass keine wichtigen Aussagen enthalten seien. Er weist darauf hin, dass er den Brief zunächst lesen möchte und dann selbst entscheiden wolle, ob wichtige Aussagen getroffen worden seien. Man einigt sich darauf, dass ab 02.05.2013 das Schreiben im Internet veröffentlicht werden soll.
Anschließend wird geklärt, um welche Flächen es beim Aufstellungsbeschluss geht. Der Großteil der Ausschussmitglieder geht davon aus, dass bereits über die elf Potenzialgebiete gesprochen wird. Herr Uhlig verdeutlicht, dass es sich lediglich um den Geltungsbereich des Teilflächennutzungsplans handele, also um die Stadt Göttingen. Auf Anfrage von Herrn Dr. Scherer, warum dann schon eine detaillierte Karte mit Potenzialflächen existiere, antwortet Herr Uhlig, dass diese Karte zurückgezogen und für „null und nichtig“ erklärt werde.
Unstimmigkeiten ergeben sich bei den Ausschussmitgliedern auch bzgl. der Begriffe Vorrangfläche und Eignungsgebiet, da nicht bekannt ist, welcher dieser Begriffe eine Ausschlusswirkung für den Bau von Windenergieanlagen auf das übrige Stadtgebiet beinhalte. Eine Klärung erfolgt nicht, man ist sich jedoch sicher, dass eine Ausschlusswirkung vorhanden sei.
Herr Scheibler verweist auf eine Aussage der WHO bzgl. gesundheitlicher Schädigungen durch Infraschall und erkundigt sich nach den Einspruchsmöglichkeiten der Bürger auf den beiden Genehmigungsebenen. Ihm wird erklärt, dass der Flächennutzungsplan in der Regel nicht beklagbar sei, jedoch eine Einspruchsmöglichkeit bestehe. In diesem Fall sei durch die Ausschlusswirkung aber eine Klage möglich. Allerdings müsse eine direkte Betroffenheit nachgewiesen werden.
Die Genehmigung nach BImSchG sei ebenfalls beklagbar bei direkter Betroffenheit.
Naturschutzverbände hätten demzufolge nicht die Möglichkeit einer Klage, weil die direkte Betroffenheit fehle.
Nach einer Sitzungsunterbrechung zu Beratungszwecken kommt es zu folgenden Abstimmungsergebnissen:
Weiterer Beratungsbedarf wird unterstützt (auch wegen des fehlenden Briefes):
3 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen
Gemeinsame Sitzung mit dem Bauausschuss am 23.05.2013 zur Beschlussfassung:
5 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen
Anschließend wird der Tagesordnungspunkt „Lärmaktionsplanung Stadt Göttingen“ behandelt.
Frau Janßen von der LK Argus Kassel GmbH stellt den Maßnahmenkatalog vor. Ziel sei es auch, ruhige Gebiete vor einer Zunahme des Lärms zu schützen. Es fällt auf, dass auf der Karte Potenzialflächen für den Bau von Windenergieanlagen nicht als ruhige Gebiete dargestellt wurden, obwohl es sich zweifelsfrei um solche handelt.
Nach zweimaliger Anfrage von Herrn Dr. Scherer bestätigt Frau Janßen, dass sie diese Gebiete auf Veranlassung der Verwaltung nicht als Ruhegebiete ausgewiesen habe.
Göttingen, 01.06.2013