Kein Stuhl war mehr frei und viele Anwohner standen dichtgedrängt als Stadtbaudezernent Thomas Dienberg die Veranstaltung kurz nach
19 Uhr eröffnete und die Besucher begrüßte. In einem kurzen Statement stellte er die Rahmenbedingungen und die Rolle der Stadt Göttingen beim Ausbau der Höchstspannungsleitung Wahle-Mecklar vor und wies auf die diesbezüglichen Vorgaben der Gesetzgebung hin.
Im anschließenden Vortrag von Herrn Siegmann, Geschäftsführer der Firma TenneT, Stromversorger und Netzausbaubetreiber (TenneT hat das Netz von EON gekauft), wurden die technischen Details erläutert, die beim Ausbau dieser Stromtrasse bedeutsam sind. Im überwiegenden Bereich der Strecke werden Freileitungen gebaut, die einen Abstand von mindestens 400 Metern zur geschlossenen Wohnbebauung einhalten müssen. Da dies im engbesiedelten Göttinger Stadtgebiet nicht möglich sei, werde hier die Erdkabelvariante eingesetzt, wie vom Stadtrat gefordert.
Ein Originalkabelstück hat er mitgebracht.
Die Kabelteilstücke können aufgrund des enormen Gewichts nicht mehr als 700 Meter Länge betragen, sonst wären sie nicht mehr transportabel. Die einzelnen Teilstücke der 12 nebeneinander liegenden Kabel werden mit Muffen verbunden. Etwa alle 2 km wird eine kleine Station über einer solchen Verbindung nötig. Der Aufbau der Trasse ist so während und nach der Bauphase deutlich erkennbar.
Herr Siegmann erläutert, warum der ursprüngliche Streckenverlauf entlang der Autobahn nicht möglich sei, dass aber im Gespräch mit den Verantwortlichen der Stadt und den Bürger-initiativen ein Verlauf gesucht werde, der den Interessen und Sorgen der Anwohner Rechnung trage. So werde nun nach einem erneuten Austausch mit den Bürgerinitiativen, Bürgermeistern und der Verwaltung am Dienstag (12.3.2013) im Rathaus eine neue Variante C02-3 geprüft, die in ihrem Verlauf ab Hardegsen über Holtensen in weitem Bogen um Elliehausen, über die Strasse und dann bei Hetjershausen im Bogen um das Wassereinzugsgebiet wieder zur Autobahn verschwenke. Damit würde der von den Anwohnern befürchtete Verlauf an der Mittelbergschule entlang vermieden. Bereits während und nach dem Vortrag werden von den Bürgern und Landwirten viele Fragen gestellt, die die Sorgen und Befürchtungen widerspiegeln.
Durch Frau Nieselt-Achilles, die als Moderatorin durch die Veranstaltung führt, wird dann übergeleitet zum Vortrag von Dr. Neitzke vom Ecolog Institut Hannover, der über elektrische und magnetische Felder referiert. Auf Nachfrage durch die Bürgerinitiative „Abindieerde“ gibt er an, dass er unparteiisch sei und für die Fa. TenneT keine Begutachtung durchgeführt habe. Seine Ausführungen ergeben zusammengefasst, dass bei allen Leitungen, ob als Freileitung oder als Erdkabel, ob in Gleichstrom oder Wechselstrom, äußerste Vorsicht angebracht ist, da wir zu wenig über die Langzeitwirkungen von diesen Magnetfeldern wissen . Definitiv klar sei durch eine Vielzahl von Einzelstudien, dass die Leukämierate bei Kindern erhöht ist bei einer Exposition von mehr als 0,2 µTesla und das die Rate von neurodegenerativen Erkrankungen (amytrophe Lateralsklerose ALS und Demenz) erhöht sei. Die Höhe des Magnetfeldes lasse sich durch die Bau- und Verlegeweise der Kabel verringern. Auch hier schließt sich eine lebhafte Diskussion mit vielen Fragen an.
Herr Dr. Neitzke widerspricht der Ansicht, dass Gleichstrom unbedenklicher sei; dies sei nicht ausreichend erforscht. Die Bürgerinitiative Gegenwind weist daraufhin, dass es sich bei dem Erdkabel in Wechselstromtechnik ebenfalls um ein nicht erforschtes Pilotprojekt handelt, bisher gibt es keine 380 kV Erdkabeltrasse in Europa. Herr Siegmann erklärt, dass seine Firma eine solche in den Niederlanden gebaut habe, sie sei aber noch nicht in Betrieb. Seine Firma suche die Zusammenarbeit mit Universitäten, um dies wissenschaftlich zu begleiten und auszuwerten.
Im anschließenden Vortag stellte für die Bürgerinitiative Gegenwind Frau Dr. Schmidt-Jochheim die Sicht der Anwohner und die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der Höchstspannungstrasse vor. Sie betont, dass die Bürgerinitiative aus Sorge um die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen handelt und es verantwortungslos sei, wenn diese Anliegen nicht berücksichtigt würden. Die in Deutschland geltenden Grenzwerte seien viel zu hoch im Vergleich zu anderen Ländern und vor allem viel zu hoch im Hinblick auf die bekannten gesundheitlichen Folgen. Darüber hinaus sollte dem Landschafts – und Naturschutz Rechnung getragen und nicht bestes Ackerland vernichtet werden.
Im Anschluss an die Vorträge folgte eine lebhafte Frage- und Antwortrunde bis 22 Uhr. Herr Dienberg verabschiedete die Besucher; alle haben wichtige Informationen mitgenommen, auch die Verantwortlichen in Rat, Ortsrat und Stadt, und auch die Firma TenneT.
Nachdenkliche Gesichter zeigen, wie sehr die Thematik die Menschen berührt. Auch nach dem offiziellen Schluss der Veranstaltung werden die Gespräche fortgesetzt und Adressen ausgetauscht!